Interview: Frau Groß
– unsere neue Schulleiterin

Die Schule stellt sich vor

Interview mit Frau Groß: Unsere neue Schulleiterin stellt sich vor

Interview: Janne und Henriette
17.12.2022

Was hat Sie überzeugt, Schulleiterin zu werden?
Also ich bin nicht den normalen Weg gegangen. Ich habe erst viele andere Berufe ausgeübt. Ich hatte mit 17 mein Abi und hatte keine Ahnung, was ich machen wollte. Ich fühlte mich nicht bereit, studieren zu gehen, also machte ich eine Ausbildung zur Buchhändlerin. Nach einiger Zeit entschied ich mich, studieren zu gehen und schloss ein Dolmetscherstudium ab in den Sprachen Französisch und Italienisch. Der Job wurde mir jedoch zu stressig und ich wurde Unternehmensberaterin für die Unternehmens- und Handelskammer. Danach entschied ich mich, mein Referendariat zu machen und wurde durch den normalen Weg Lehrerin. Ich bin schon seit 15 Jahren im Schuldienst. Aber es ist grundsätzlich so, dass ich schon immer gerne in Arbeitsgruppen gearbeitet habe und auch sehr viel Freude am Lernen und Lehren habe. Außerdem gefällt mir die Gestaltungsmöglichkeit, die persönliche Entwicklung von anderen Menschen zu steuern, um das bestmögliche Ergebnis zu bekommen.

Muss man gewählt werden, um Schulleiter*in zu werden?
Nein, in Deutschland wird man nicht gewählt. Man muss als Lehrer*in verschiedene Jobs gemacht haben, um in die erweiterte Schulleitung zu kommen. Da ich mich sehr schnell um den Vertretungsplan, Stundeplanentwicklung und weitere Jobs kümmerte, kam ich schnell in die erweiterte Schulleitung. Um Schulleiter*in zu werden, muss man diverse Prüfungen ablegen, also gibt es ein konkretes Prüfungsverfahren. Man wird persönlich und im Unterricht geprüft, um zu wissen, ob man die Kompetenzen besitzt, Schulleiter*in zu werden. Man braucht für diesen Job Erfahrung und Führungsfähigkeit. Natürlich steht man auch im Wettbewerb mit anderen. Nach einem längeren Zeitraum und mehreren Prüfungen bekommt man das Ja oder Nein.
Interessanterweise, werden die Schuleiter*innen in Polen vom Lehrerkollegium gewählt. Ich habe vor einiger Zeit einen Lehreraustausch mit polnischen Lehrern gemacht, und da habe ich das erfahren. Die Schulleiter*innen dort bekommen nicht mehr Geld als die Lehrer*innen, müssen aber nicht unterrichten.

Möchten sie etwas bestimmtes an der Schule ändern?
Verändern ist ein starkes Wort. Man befindet sich in einem konstanten Weiterentwicklungszustand. Meine Vorgängerin hat diese Schule mir gut hinterlassen und überreicht. Natürlich gibt es den Wunsch von einigen Lehrer*innen und Schüler*innen, dass eine gewisse Modernisierung stattfindet. Diesen Wunsch möchte ich nicht ignorieren, aber ich finde, dass ich diesen Aspekt nicht allein durchführe. In der heutigen Wirtschaft arbeitet man immer im Team, selten geht man an ein Projekt alleine. Teamarbeit ist sehr wichtig und ich finde, dass dieser Aspekt mehr wertgeschätzt werden sollte. Ich möchte diesen Aspekt mehr in der Schule fördern und auch darauf achten, dass jeder seinen Platz findet. Ich möchte alle im selben Boot haben.
Wichtig zu merken ist, dass man immer einen Perspektivenwechsel benötigt, um neue Ideen und Sichtweisen erkennen zu können. Wir sind hier eine lernende Organisation und dieser Prozess des Lernens und des Weiterentwickelns hört nie auf. Jeder sollte sich immer weiterentwickeln und niemals aufhören zu lernen.
Möchten Sie den sprachlichen Zweig ausbauen?
Wir haben hier schöne Angebote mit Französisch, Englisch, Spanisch und natürlich Latein. Es wäre möglich, andere Sprachen hinzuzufügen, aber ich möchte anderen Mainzer Schulen keine Konkurrenz machen. Wir sind hier ja, wie schon gesagt, gut aufgestellt und ich sehe keine Änderung nötig. Eine Sache, die ich jedoch erweitern möchte, sind mögliche Partnerschulen im Ausland. Ich würde sehr gerne den internationalen Kontakt ausbauen. Zum Beispiel wären Länder wie Polen oder Italien interessant. Ich sehe in der Zukunft eine noch weiter wachsende Wichtigkeit für den internationalen Kontakt an Schulen.

An welchen Schulen haben Sie vorher unterrichtet und was möchten Sie an unserer Schule weiterführen?
Ich habe an sehr vielen verschiedenen Schulen schon unterrichtet. Zum einen habe ich an einer Wirtschaftsschule und in Bingen an einer Berufsbildenden Schule unterrichtet. Auch habe ich an der IGS Anna Seghers und am Gymnasium am Römerkastell in Alzey als stellvertretende Schulleiterin unterrichtet. Zwischendurch hatte ich ein Sabbatjahr in Indien gemacht. Und jetzt bin ich am Schloss!
Schule ist ein großer Teil unserer Lebenszeit, den wir miteinander teilen und es ist selten, dass man eine so gute Schulgemeinschaft wie hier schon hat. Also, mir ist es wichtig, diese positive Schulgemeinschaft auszubauen und zu erweitern.

Welche Unterschiede haben Sie an französischen Schulen kennengelernt? Was hätten Sie gerne auch an deutschen Schulen?
Da ich nie an einer deutschen Schule Schülerin war, ist diese Frage etwas schwierig zu beantworten. Aber das französische Schulsystem ist sehr autoritär, es ist fast vergleichbar mit Schulen im Osten. Man hat bis zum Nachmittag Unterricht, aber dafür besucht man die Schule nur bis zur 12. Klasse. Es ist dort alles sehr Lehrerzentriert.
Im Gegensatz dazu fällt mir auf, dass das deutsche Schulsystem sehr schülerorientiert ist. Auch ist die Schule hier kindheitsfreundlicher und man lernt gut, selbstständig zu handeln. In Frankreich hingegen sind viele Schüler*innen sehr unselbstständig, das merkt man immer, wenn die Austauschschüler hier sind.
Außerdem können deutsche Oberstufenschüler*innen viele Fächer abwählen und lernen somit viel Allgemeinwissen nicht, das aus den einzelnen Fächern kommt. In Frankreich wählt man auch Leistungskurse, jedoch behält man alle anderen Fächer und sie sind auch Abiturrelevant. Das fehlt mir hier so ein bisschen, dass gewisses Allgemeinwissen nicht vermittelt werden kann, sobald ein Fach abgewählt wird.

Was haben Sie für zukünftige Projekte geplant?
Projekt ist etwas hart ausgedrückt, aber ich habe ein paar Vorhaben, die ich gerne umsetzen würde. Mir ist wichtig, dass ein zeitgemäßes Leben und Lernen der Schüler*innen und Lehrer*innen vermittelt werden kann. Auch die Abivorbereitung liegt mir sehr am Herzen und grundsätzlich möchte ich die Teamarbeit an dieser Schule erhöhen. Die Möglichkeit alternative Noten zu geben, ist ein wichtiger Aspekt, den ich dem Kollegium schon mitgeteilt habe.

Was machen Sie nach der Schule? Welche Hobbys haben Sie?
Sowas wollt ihr auch wissen? Also gut, ich lese natürlich sehr gerne, bin aber auch ein großer Fan des Reisens. Diese Liebe verbinde ich mit meiner anderen Liebe Yoga, da ich schon seit 20 Jahren Yoga mache und auch Yogalehrerin bin. Fernwandern ist auch sehr schön, ich bewege mich einfach gerne und genieße die Natur. Wenn ich Zeit habe, nehme ich mir diese gerne und lerne nebenbei noch russisch.
Am Wichtigsten ist mir jedoch, dass ich mich immer weiterentwickle und nie aufhöre zu lernen. Aber auch, dass man sich Zeit für Hobbys und Freizeit nimmt, denn das Leben ist nicht nur Arbeit oder Schule. Wenn man sich nur mit diesen Dingen beschäftigt, verpasst man das Leben. Denn vor allem Schule ist nur vorübergehend und sich sein halbes Leben nur damit zu beschäftigen ist schlecht. Es gibt so viele andere, schöne Dinge im Leben.

Haben Sie ein Lieblingsbuch oder auch einen Lieblingsfilm?
Ein Buch, das ich letzten Sommer gelesen habe und mich sehr begeistert hat, war “Vom Ende der Einsamkeit” von Benedict Wells. Mir hat dieses Buch so gefallen, wie schon lange keins mehr. Mich interessiert auch die Biophysik sehr und da interessieren mich besonders die biophysikalischen Einflüsse auf unser Leben. Natürlich lese ich auch gerne diverse philosophische Schriften aus dem Yoga, da hat es sehr viel mehr mit Denken, als mit Lesen zu tun.
Ich bin ein großer Fan von französischen Filmen, da es mehr um die Atmosphäre geht als alles andere. Einer dieser Filme ist “Das Brandneue Testament”, ich liebe diesen Film wirklich sehr.

Gibt es eine weitere Sache, die Sie gerne der Schulgemeinschaft mitteilen möchten?
Wir teilen hier eine ganz wertvolle Lebenszeit und diese sollten wir mit Freude gestalten und die Talente einzelner Menschen fördern. Auch im Nachhinein sollte man an die schöne Schulzeit denken. Wir lernen nie aus und unser ganzes Leben lang werden und sollten wir uns weiterentwickeln. Man sollte niemals die Freude am Lernen verlieren, denn es gibt immer etwas zu lernen.