Der König von Schlopolis

Schule als Staat

SCHULPROJEKT:  Schlossgymnasium wählt Mubeen Moin zum Staatsoberhaupt

MAINZ – „So, ich nehm das jetzt mal ab.“ Mubeen Moin greift nach oben und pflückt sich das Krönchen aus der Frisur. Den Umhang aus rotem Samt und Kunstnerzkrägelchen behält der 18-Jährige aber sicherheitshalber an – es soll ja jeder sehen, dass er, Mumbeen Moin, jetzt König ist!

Mumbeens Königreich ist seit seiner Krönung am Donnerstag das „Schloss“ (wie passend…!) oder besser: Schlopolis. In diesen Staat wird sich das Gymnasium im Sommer für eine Woche verwandeln. „Schule als Staat“ heißt das Mammutprojekt, das das Schlossgymnasium bereits vor fünf Jahren erfolgreich umsetzte und das sicherlich nicht ganz unschuldig daran war, dass das „Schloss“ später, beim Deutschen Schulpreis 2014, unter die besten 15 Schulen der Republik kam.

Diesmal mit mehr Glamour

Nun also die Neuauflage, diesmal mit König. „Letztes Mal war unser Staatsoberhaupt eine Präsidentin“, erzählt Adrian Poot-Habisrittinger vom Organisationsteam, „jetzt möchten wir es eine Nummer pompöser.“ Und hier kommt Zwölftklässler Mumbeen ins Spiel – er soll in Schlopolis den Glamour-Faktor erhöhen.

Glamour? „Kein Problem“, lächelt Mumbeen breit, „ich verspreche meinem Volk eine große königliche Hochzeit.“ Keine Frage, der junge Mann hat verstanden, wie der Hase läuft. „Brot und Spiele“ war bekanntlich schon immer ein bewährtes Motto von Herrschern, um das Volk bei Laune zu halten. Nun, fürs Brot müssen die Schlopolianer selbst sorgen (und sich einen Beruf suchen, damit die „Schlopos“ rollen, für den Rest sorgt der König. Ein Fußballturnier habe er seinen Untertanen bereits versprochen, erzählt Mubeen, und nun also eine königliche Trauung. Wer die Glückliche ist? „Die suche ich mir noch“, verkündet der 18-Jährige. Natürlich muss die Dame von majestätischer Schönheit sein, mindestens genauso wichtig ist aber der Zaster.

„Vielleicht nehme ich mir eine, die in Schlopolis einen großen Betrieb hat“, grinst Mubeen. Königliche Verbindungen, auch das weiß der König von Schlopolis, waren schließlich selten reine Liebesheiraten. Auf jeden Fall soll schon die Brautschau ein Event werden. „Das kann man vielleicht vermarkten, da kommt Geld in die königliche Kasse!“

Man sieht – es ist alles ein großer Spaß. Aber nicht nur. Das Projekt „Schule als Staat“ erfordert knapp zwei Jahre Vorbereitungszeit, dabei wird ein richtiger Staatsapparat auf die Beine gestellt, den größten Teil der Arbeit erledigen Schüler. Mubeen war von Anfang an im Organisationsteam, kennt die Strukturen also aus dem Effeff. „Das hat mir in meinem Wahlkampf geholfen“, sagt Mubeen (Schlopolis ist eine parlamentarische Wahlmonarchie), er bekam über 30 Prozent der Stimmen, seine neun Mitbewerber landeten weit abgeschlagen auf den hinteren Rängen.

Richtige Wahlkampftaktik

„Ich bin ehrgeizig“, sagt der 18-Jährige, und so habe er alles drangesetzt, um die Königswahl zu gewinnen. Er betrieb einen richtigen Wahlkampf, ließ Wahlplakate aufhängen, ging vor allem in der Orientierungs- und Mittelstufe auf Stimmenfang. Dabei kam ihm natürlich zugute, dass er bereits in der Schülervertretung aktiv ist.

Mubeen nimmt Schlopolis, nimmt „Schule als Staat“ und seine Rolle darin durchaus ernst. „Organisieren üben, Verantwortung tragen – das sind Dinge, von denen ich auch langfristig profitiere“, ist der 18-Jährige, der später im Management arbeiten will, überzeugt. Dass er seinen Weg geht, dürfte ziemlich sicher sein – dass er das Zeug dazu hat, hat er längst bewiesen. Mubeen wuchs in Wöllstein auf, besuchte erst die dortige Realschule plus, schaffte dann den Wechsel auf Gymnasium am Römerkastell in Alzey. Dann zog Mubeens Familie – seine Mutter stammt übrigens aus Pakistan, sein Vater aus Bangladesch – nach Mainz-Kostheim. Ein Jahr pendelte Mubeen mit dem Zug nach Alzey (jeden Morgen um fünf aufstehen, das ist hart), zu Beginn der Oberstufe wechselte er aufs „Schloss“. Auch das war nicht ohne, betont der Zwölftklässler (Leistungskurse: Sozialkunde, Englisch, Chemie), „hier ist der Unterricht deutlich anspruchsvoller.“ Doch er hat den Übergang geschafft.

Und nun, nach einem Jahr an der neuen Schule, ist er schon ihr König. Als Staatsoberhaupt wird er vor allem repräsentieren. „Und ich werde Ehrengäste einladen nach Schlopolis“, verkündet er, „den Oberbürgermeister, den Landtagspräsidenten, die Ministerpräsidentin.“ Ja – aber welche? „Malu Dreyer natürlich, die wird die Landtagswahl gewinnen“, tippt Mubeen, der übrigens schon lange SPD-Mitglied ist. Hat er, nach seinem fulminanten Königs-Wahlkampf, einen Tipp für Dreyer? „Klar“, lacht König Mubeen, „immer auf die Leute zugehen.“

Nachrichten Mainz,  13.02.2016, Text von Kirsten Strasser, Foto: Jörg Henkel

Quelle: allgemeine-zeitung.de/lokales/mainz/nachrichten-mainz/der-koenig-von-schlopolis_16637773.htm