Sie kommen aus über 30 Ländern: die 1 200 Kinder und Jugendlichen, die im Gymnasium zum Kurfürstlichen Schloss zur Schule gehen. „So viele Ausländer“, wird da manchmal hinter vorgehaltener Hand getuschelt – nicht in der Schule, aber draußen. Solchem Gerede treten die Gymnasiasten entschlossen und selbstbewusst entgegen: „Wir sehen in dieser Vielfalt einen Gewinn“, sagt Schülersprecherin Lea Rau. Dass in ihrem Gymnasium kein Platz für Diskriminierung und Rassismus ist, wollen die Schüler nach außen ganz deutlich machen: Das „Schloss“ ist jetzt offiziell eine „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.
Damit gehört das Schloss-Gymnasium zu einem riesigen Netzwerk, dem in Deutschland über 1500 Schulen angehören – und auch Bildungseinrichtungen im europäischen Ausland machen mittlerweile mit. Eine Grundbedingung für die Aufnahme in dieses Netzwerk war, dass der Wunsch dazu aus der Schülerschaft kam und nicht von der Schulleitung vorgegeben wurde. Kein Problem für die Schloss-Schüler, von denen seit vielen Jahren gewünscht, ja erwartet wird, dass sie für ihre Interessen und ihre Belange einstehen.
Die Schülervertretung (SV), die übrigens genauso bunt gemischt ist wie die ganze Schülerschaft, machte sich an die Arbeit: Sie leitete die Aufnahme ins Netzwerk in die Wege – und sorgte dafür, dass die ganze Schulgemeinschaft ins Projekt „gegen Rassismus – für Courage“ eingebunden wird. Jetzt, zum Ende des Schuljahrs, wird die komplette Schule auf den Beinen sein, um ein Zeichen zu setzen: Vom 22. bis 24. Juli werden sich an drei Projekttagen sämtliche Schüler, Lehrer und viele Eltern mit dem Thema beschäftigen.
Unter Federführung der SV werden während der Projekttage über 60 Workshops angeboten, die sich in unterschiedlichster Weise den Themen Rassismus, Diskriminierung, Courage annähern. Lehrer, Eltern, Schüler bieten diese Workshops an, aber auch Externe. „Wie ist die Situation von Asylanten in Mainz?“; „Nürnberger Rassengesetze – Mechanismen der Diskriminierung“; „Mathematik im islamischen Mittelalter“; „HIV-Prävention in der Schule“; „Planspiel: Der letzte Diktator“ oder „Gemeinsam sind wir stark – Leben mit Krebs“ lauten die Titel einiger Veranstaltungen. Auch Lebensgeschichten von Schülern mit Migrationshintergrund sollen zugänglich gemacht werden.
Lea und ihre SV-Mitstreiter hoffen, dass die dreitägige, intensive Auseinandersetzung mit diesen Themen nicht nur ein klares Zeichen nach außen setzt, sondern sich auch nachhaltig auf das Zusammenleben in der Schule auswirkt. „Wir wollen das Gemeinschaftsgefühl stärken“, sagt Lea. Die Projekttage böten den Schülern aller Jahrgänge zudem die Chance, „neue Erfahrungen zu machen und Neues zu lernen“, betont Patrik Klomann von der SV.
Schulleiterin Brigitte Wonneberger ist stolz auf ihre Schüler. „Wir halten es seit Jahren so, dass wir es den Schülern überlassen, etwa Projekttage auf die Beine zu stellen. Und es ist einfach großartig, zu sehen, was dabei herauskommt.“ Zudem sei es von den Jugendlichen „sehr mutig“, sich an ein brisantes Thema wie Rassismus heranzuwagen. Doch die Demokratie-Erziehung im Schloss-Gymnasium, die das Schulklima präge, lasse dies zu. „Wir leben in Harmonie mit über 30 Nationen miteinander.“
Damit das auch so bleibt, dafür wollen die SVler Verantwortung übernehmen. Dafür haben sie auch Hürden überwunden – auf dem Weg zur „Schule über Rassismus“ mussten sie so manchmal Überzeugungsarbeit leisten. Doch dass sich der Aufwand lohnt, davon sind sie überzeugt: „Ohne Einsatz, ohne Courage“, sagt Jonathan Kreß, „funktioniert eine Schulgemeinschaft nicht.“
Text von Kirsten Strasser, 11.07.2014
Quelle: allgemeine-zeitung.de/lokales/mainz/nachrichten-mainz/schloss-gymnasium-1200-kinder-und-jugendliche-setzen-ein-zeichen-gegen-rassismus_14316704.html