Viele Schulen in Usbekistan sind baulich in einem schlechten Zustand. Auch die Lernmethodik unterscheidet sich.
MAINZ – Das Konzept des Schüleraustauschs ist für die meisten Menschen nichts Neues. Doch vom Lehreraustausch haben wohl noch die wenigsten gehört. Tatsächlich ermöglicht der Pädagogische Austauschdienst (PAD), in Kooperation mit der Kultusministerkonferenz in Bonn, ausländischen Lehrkräften, für ein Jahr in deutschen Schulen zu hospitieren.
Seit Februar unterrichtet eine Lehrerin aus China am Schlossgymnasium mit den deutschen Kollegen die Mainzer Schüler. Noch im Januar war Feruz Abdunazarov aus Usbekistan dort als Aushilfslehrer tätig. Da es dem 26-Jährigen hier so gut gefallen hatte, lud er seinen ehemaligen Kollegen Volker Henn zu sich in seine Heimatstadt Samarkand ein.
Deutsche Sprache ist Fahrschein in bessere Zukunft
Mit finanzieller Unterstützung des PAD brach der Englisch- und Französischlehrer deshalb zu einer einwöchigen Bildungsreise nach Usbekistan auf. Vor Ort wurde Henn von den Samarkander Kollegen in den Deutschunterricht integriert. „Mir ist direkt aufgefallen, wie viele Schüler in Samarkand Deutsch lernen“, sagt der 57-Jährige. „Außerdem ist das usbekische Schulsystem sehr verschult.“ So sei Abdunazarov mit seiner Erfahrung als Lehrer in Deutschland sehr positiv herausgestochen: „Seit seinem Deutschlandaufenthalt berät Abdunazarov die Kollegen aus der Fachschaft Deutsch zu den Unterrichtsmethoden.“
Abdunazarov nutze seine Erfahrungen in deutschen Klassen nun, um den Unterricht in Samarkand nach deutschem Vorbild, das heißt, praktischer, zu gestalten. Normalerweise müssten die usbekischen Schüler im Deutschunterricht Grammatikregeln und Vokabeln auswendig lernen, und diese wiedergeben. Nun werde auch ihr Sprachgefühl für die Fremdsprache gefördert. Nicht nur die Art zu unterrichten ist in Usbekistan anders. Auch die Art und Weise, wie die Menschen Lehrern gegenübertreten, könnte nicht unterschiedlicher sein. Der erste Oktober ist in Usbekistan offiziell der „Tag des Lehrers“, sodass man an diesem Tag überall Schüler mit Blumensträußen für ihre Lehrer sehen kann. Dennoch ist der Beruf des Lehrers nicht gut bezahlt. Abdunazarov verdiene im Monat nur 300 Euro – und das bei 24 Schulstunden pro Woche, mit zusätzlichen Nachhilfestunden, die er gibt.
Auch der Zustand vieler Schulen spiegelt die finanzielle Situation des Landes wider. Marode Fassaden, Grundschulen, die aussehen wie Bauernhöfe, mit Kühen, die auf dem Sportplatz stehen. „Die Mehrheit der Schüler Samarkands lernt Deutsch, da zwischen Usbekistan und Deutschland wichtige wirtschaftliche Beziehungen bestehen – die deutsche Sprache zu lernen ist für viele Schüler der Fahrschein in eine bessere Zukunft“, sagt Henn.
Text von Jana Siddiquie; Fotos von Volker Henn
Quelle: allgemeine-zeitung.de/lokales/mainz/nachrichten-mainz/unterricht-nach-deutschem-vorbild-in-usbekistan-mainzer-lehrer-fuer-eine-woche-an-schule-in-samarkand_18273380.htm
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