Großprojekt Schlopolis – Schule als Staat

Bezahlt wird mit Schlopos. In der Mensa tagt das Parlament, und die Schulleiterin hat nicht viel zu melden dieser Tage: Aus dem Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss ist „Schlopolis“ geworden. Ein Jahr haben die Vorbereitungen für das Mammutprojekt in Anspruch genommen, am Montag wurde der „Staat in der Schule“ eröffnet. Bis Donnerstag herrscht nun Ausnahmezustand am „Schloss“ – im positiven Sinne.

Denn es gibt weder Mathe- noch Sportunterricht; und auch die alten Hierarchien gelten nicht mehr. Schüler sind plötzlich Betriebsleiter, Richter oder gar Könige, Lehrer kleine Angestellte. Aber für alle gilt: jeder Pennäler, jeder Pädagoge hat seinen Platz, ist ein Rädchen im großen Getriebe von Schlopolis.

Das Staatsoberhaupt trägt zur Eröffnung Hermelin und Krönchen. Sozusagen als erste Amtshandlung hat König Mumbeen die Ministerpräsidentin in sein Reich geholt. Malu Dreyer freut sich sichtlich, erster Staatsgast von Schlopolis sein zu dürfen. „Hier könnt ihr üben, was es heißt, Demokratie zu üben“, gibt sie den Schülern mit auf den Weg. Dann stattet sie dem Parlament einen Besuch ab. „Ich hoffe, dass euch die parlamentarische Arbeit Spaß macht – vielleicht bekommt ihr ja Lust, in die echte Politik zu wechseln!“

Dann kehrt langsam so etwas wie Normalität ein in Schlopolis. Wer eine hat, geht an die Arbeit. Viele Betriebe haben sich der Gastronomie verschrieben, bieten Waffeln, Hotdogs, Pizza, Muffins an. Aber es gibt auch eine Rettungsleitstelle und eine Polizei. Und ein Buchlädchen – hier hält Niklas die Stellung. „Mein Boss ist gerade unterwegs, er trägt Zeitungen aus“, erklärt der kleine Buch- und Zeitschriftenhändler. Wie löblich – in Schlopolis gibt es die AZ.

Jetzt tauchen zwei junge Mädchen im „Bücherwurm“ auf. „Hey, habt ihr einen Job für uns?, fragen sie Niklas. Denn Ilayda und Nauka ist urplötzlich arbeitslos geworden – ihr Chef hat die Anwaltskanzlei aufgelöst. „Das Sozialamt hat uns jetzt empfohlen, auf Jobsuche zu gehen. Wenn wir nichts finden, müssen wir in den Putz- und Aufräumdienst!“

So etwas kann Volker Henn nicht passieren. Im normalen Leben stellvertretender Schulleiter, ist Henn in Schlopolis Staatsbeamter – er leitet das Grünamt. „Ich habe 18 Mitarbeiter, die schneiden im Schulhof die Hecken und bepflanzen Beete“, erklärt Henn. Dafür gibt es dann abends Gehaltsschecks.

Wer fleißig ist, für den rollt der Schlopo. Siebtklässler Simon hat mit zwei Compagnons eine Werbeagentur aufgemacht, druckt Plakate und verteilt Flyer. Ein Smoothieladen und ein Würstchenstand gehören schon zu seinen Kunden. Seinen Angestellten Jo kann Simon also bezahlen. „Der Laden läuft“, grinst Jo und hält den Daumen in die Höhe.

Auch im Haarsalon brummt das Geschäft, ebenso an der Cocktailbar. International geht es im „Globe Market“ zu, heute gibt es vor allem britische Spezialitäten wie selbstgebackene Scones und Shortbreads. Wer auf Partnersuche ist und sich traut, schaut beim „Speeddating“ vorbei. Ob der König dort gesichtet wurde? Schließlich hat er eine rauschende königliche Hochzeit versprochen. Eine Braut wurde indes noch nicht gesichtet. Aber wer weiß – bis Donnerstag kann noch viel passieren in Schlopolis.

Öffnungszeiten
„Schlopolis“ ist offen für alle Interessierten, Besucher sind herzlich willkommen. Am Eingang des Schlossgymnasiums (Leo-Trepp-Platz 1) gibt es Visa, zudem können Euro in Schlopos getauscht werden.

Vor allem wegen der vielfältigen kulinarischen Angebote lohnen sich die Öffnungszeiten: Dienstag 8 bis 16 Uhr, Mittwoch 8 bis 18 Uhr, Donnerstag 10 bis 18 Uhr

Nachrichten Mainz,12.07.2016, Text von Kirsten Strasser

Quelle: allgemeine-zeitung.de/lokales/mainz/nachrichten-mainz/grossprojekt-schule-kis_17074297.htm