Deutscher Schulpreis 2014

Seit Herbst 2007, als wir uns zum ersten Mal am Wettbewerb „Der Deutsche Schulpreis“ beteiligten, haben sich die Qualitätskriterien dieses Exzellenzmodells als Richtschnur für unsere Schulentwicklung bewährt.

Beim Wettbewerb „Der Deutsche Schulpreis“ werden sechs Qualitätsfelder umfassend beleuchtet. Es sind diese: Leistung, Vielfalt, Unterrichtsqualität, Verantwortung, Schulleben, Lernende Institution. Näheres zu den sechs Begriffen finden Sie hier: Schulpreis-Bosch-Stiftung

Das Schlossgymnasium orientiert sich am Exzellenzmodell
„Der Deutsche Schulpreis“
Uns liegt daran, die Arbeit in allen schulischen Gremien nach den genannten Qualitätsfeldern auszurichten und transparent zu machen. Dadurch wird in einer hochkomplexen Institution, wie sie unsere Schule ist, effiziente Zusammenarbeit und Weiterentwicklung möglich.
Ziel soll sein, dass unsere Schule als lernende Institution immer mehr mit diesem Entwicklungsinstrument vertraut wird und bei allem Planen und Tun eine Sprache spricht.

I m Jahr 2014 ist das Shlossgymnasium unter den besten 15 deutschen Schulen, die am Wettbewerb "Der Deutsche Schulpreis" teilgenommen haben. Die Jury des Deutschen Schulpreises würdigt Leben und Arbeiten am Schlossgymnasium in der Dokumentation über diese Schulen unter dem Titel

               "Das gibt es: gymnasiale Antworten für benachteiligte Schülerinnen und Schüler".

Rückmeldung der Schulpreis-Jury
Die Schule auf einen BlickLebendiger UnterrichtÜbergänge gestalten, Schulnetzwerke pflegenSV-Arbeit: kritisch und unangepasstFazit
Das Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss in Mainz ist eine traditionsreiche Innenstadtschule, gegründet 1831 als städtische Realschule für Jungen. Der Gebäudekomplex wirkt sowohl gepflegt als auch „etwas in die Jahre gekommen“. Es gibt verschiedene bauliche Schichten: Altbau, Neubau und mehrere, meist nur teilweise umgesetzte Modernisierungsstufen. Man sieht dem Haus die sparsame Hand des Stadtkämmerers durchaus an. Auffällig sind einzelne Räume, die in dieser eher unübersichtlich wirkenden Gebäudekonstellation wie kleine, von einzelnen Gruppen funktional eroberte Nischen wirken. Dazu gehören die gut ausgestattete Schülerbibliothek im Dachgeschoss, der Schüler-Ruhe-Bereich und der Raum der Video-Technik-AG im Neubau. Dort entstand eine kleine Video-Doku unseres Schulbesuchs, die wir zum Abschluss noch „vor Ort“ erhielten – kompakt, witzig, für sich sprechend; eine bemerkenswerte Leistung.

Leistung sichtbar machen
Etwa 1150 Schülerinnen und Schüler besuchen das Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss in Mainz. Sie werden von 100 Lehrkräften unterrichtet. Eine große Zahl von Schülerinnen und Schülern übernehmen eine besondere Funktion: SV, Junior-SV, Lerncoaches; sie arbeiten in funktionalen AGs für Dienstleistungen wie z. B. der AG Kiosk in der Schule mit und erweitern beim Öko-Heft-Verkauf die Felder schulischer Anerkennung. Am Schlossgymnasium dominiert ein pädagogisches Leistungsverständnis, das von den individuellen Stärken und Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler ausgeht. Das zeigt sich auf verschiedenen Ebenen. Didaktisch bemühen sich die Kolleginnen und Kollegen um differenzierende Lern- und Unterrichtsformen. Auffällig ist die stetige Anerkennungskultur, die den Umgang aller, Schüler wie Lehrer, miteinander prägt.
Unternehmerische Kultur
Besonders bedeutsam ist das Förderkonzept der Schule. Die Leistungsfähigen sollen gestärkt werden, indem man sie fordert. Hierzu gibt es etwa als „Frühstudium“ eine Kooperation mit der Universität Mainz. Für die anderen gibt es Lernhilfen im Peer-To-Peer-Modell: 24 Schülerinnen und Schüler arbeiten als Lerncoaches in der Lernzeit der Ganztagsschule, 50 Schülerinnen und Schüler engagieren sich als Tutoren in den fünften und sechsten Klassen, um zur Förderung des Lernens bei leistungsschwächeren Kinder beizutragen. Schulentwicklung als unternehmerische Kultur wird von der Schulleitung, den Funktionsstellenträgern und einer engagierten Elternschaft als besondere Anpassungsleistung an die aktuellen Herausforderungen der Schule betrieben.

Kino, Amphitheater und eine mathematisch „Sitzprobe“
Wir besuchen die Klasse acht in Mathematik, unterrichtet wird ein Thema der Geometrie. „Wo sind denn eure Lieblingsplätze im Kino?“, fragt die Lehrerin. Die favorisierten Plätze werden auf einer Bestuhlungsskizze markiert. Sie zeigen eine Häufung im hinteren Mittelbereich. „Dort ist die Sicht am besten“, argumentieren Max und Juliane. Die Lehrerin präsentiert Bilder eines IMAX-Theaters und eines römischen Amphitheaters, das in Mainz ausgegraben worden ist. Neue, den Schülerinnen und Schülern unbekannte, Perspektiven von Sitzarrangements für Großveranstaltungen werden sichtbar. Die Lehrerin geht nun mit den Schülerinnen und Schülern in den Hof, wo sie die beiden Varianten am Boden anzeichnet. Die Abmessungen der Leinwand werden anhand der äußeren Endpunkte markiert. Die Jugendlichen sollen sich mit dem Gesicht zur simulierten Leinwand positionieren und mit ausgestreckten Armen den jeweiligen Winkel zu den aufgezeichneten Eckpunkten verdeutlichen. Durch das Vor-, Zurück- und Zur-Seite-Bewegen verändern sich die Winkel der ausgestreckten Arme: Je mehr zur Seite desto weiter auseinander gehen die Arme. Nach dieser ersten Annäherung an die klassische Kinobestuhlung lässt die Lehrerin mit einer Schnur von der Mitte aus mit Kreide einen Kreis von einem Endpunkt zum anderen aufzeichnen. Nun sollen die Jugendlichen entlang des entstandenen Halbkreises wiederum die Winkelprobe mit den Armen machen, um von den unterschiedlichen Positionen den Blickwinkel zu erkunden. Hier tauschen die ersten schon ihr Erstaunen über die Differenzerfahrungen aus. Zurück im Klassenzimmer sollen die Schülerinnen und Schüler das, was sie auf dem Schulhof erlebt haben, auf Zeichenblättern herausfinden: „Was passiert mit dem Winkel C, wenn ihr den Punkt C auf dem Halbkreis verschiebt?“ So lässt die Lehrerin den Satz des Thales ableiten – ganz praktisch, an der Erfahrung der Jugendlichen anknüpfend, durch eine ortsnahe Übung gestärkt und verankert. Schnell wird uns klar: Hier geht es um Verstehen und die Anwendung des Gelernten. Mit dem fachüblichen q.e.d. (quod eram demonstrandum) endet die „bewegte“ Stunde.

„Luftkissengleiter“ und „Traumschule“
Zwei weitere Beispiele aus einem lebendigen Unterricht: „Wir wählen hier die Arbeiten zu unserer „Traumschule“ aus, erklärt mir Mira aus der Jahrgangsstufe fünf im Kunstunterricht. „Das ist unser Beitrag zum Europäischen Wettbewerb“, führt sie weiter aus. Nicht nur die Bilder stehen dabei im Mittelpunkt, sondern auch die Art, wie diese an den Wettbewerb gesandt werden: Passepartouts werden hergestellt, die Auswahl von den Kindern selbst begründet. Beim Physikunterricht des achten Jahrgangs zeigen mir die Jugendlichen stolz ihre selbst konstruierten „Luftkissengleiter“: runde Pressholzplatten von etwa einem Meter Durchmesser mit regelhaft verteilten Luftlöchern, die mithilfe von zwei per Akku versorgten Pumpmotoren zwischen Boden und Platte ein Luftkissen erzeugen. Diese erlauben den Jugendlichen widerstandfreies Gleiten auf den Gängen der Schule. Auch daraus resultiert ein lebendiger, gesprächsbezogener Unterricht, an dem alle beteiligt sind und bei dem der Physiklehrer das Frage- und Antwortspiel moderiert. Alle sollen gehört werden, alle zur Sprache kommen – das ist bei unseren Beobachtungen augenfällig.

Die Schule versucht zu integrieren. Schülerinnen und Schüler mit unterschiedlichen Stärkeprofilen werden aufgenommen. Nicht selbstverständlich für ein Gymnasium: Die Vielfalt in den Lernvoraussetzungen und den Herkunfts- und Lebensbedingungen wird zum Gestaltungsprinzip des Schulalltags. Alle Schülerinnen und Schüler sollen gute Leistung bringen können. Vielfalt im Gymnasium konstruktiv zu gestalten, das begründet auch den fakultativen Ganztag sowie Beratungsangebote, die den Umgang mit den Schülerinnen und Schülern nach der Orientierungsstufe betreffen. Mit diesem Ansatz kann die Schule – nicht unwichtig! – die Schülerzahlen angesichts des sozialen und demografischen Wandels der Bevölkerungsstruktur im innerstädtischen Umfeld halten. Die Schule kümmert sich auch um solche Schülerinnen und Schüler, denen nach der Orientierungsstufe nicht zu einem Verbleib am Gymnasium geraten werden kann. Damit der Übergang zu einer anderen Schulform gelingt, gibt es ein dichtes Beratungs- und Gesprächsnetz zwischen den Stufenleitern, der Schulleitung und den Schulleitungen der Schule im Umfeld des Schlossgymnasiums. Insbesondere mit dem Sekundarschulen-Modell in Rheinland-Pfalz, der „Realschule plus“, wird eine intensive Form der Partnerschaft gepflegt.
Gymnasial im neuen Kontext
„Was können wir denn sonst mit denjenigen Kindern machen – die vom Elternhaus nicht mehr gymnasial unterstützt werden, es aber selbst nicht schaffen – als sie zu beraten?“, so wird im Kollegium laufend gefragt. Und die Schulleiterin Brigitte Wonneberger bringt es auf den Punkt, wenn sie zugespitzt formuliert: „Unser Netzwerk mit den anderen Mainzer Schulen ist schon fast wie eine IGS.“ Es ist unverkennbar, dass dieses Innenstadtgymnasium dabei einen massiven Wandel der Schülerströme und der damit verbundenen sozialen und kulturellen Voraussetzungen erlebt. Die pädagogische Leistung von Kollegium und Schulleitung liegt darin, den klassischen Gymnasialunterricht und die damit verbundenen Leistungsanforderungen in einen neuen Kontext zu setzen. Die Schule ist inzwischen projektstark geworden und nutzt vielfältig außerschulische Angebote – von regionalen und fachbezogenen Wettbewerben über die Mitgliedschaft im Netzwerk „Jugend debattiert“ bis hin zur regelmäßigen Teilnahme bei „Jugend forscht“, beim Bundeswettbewerb „Fremdsprachen“, bei „Demokratisch Handeln“ und anderen. Es ist ihr ein Anliegen, in vielen Bereichen Anerkennungsfelder für Kinder und Jugendliche zu eröffnen. Diese Mischung aus Beratung, Förderung sowie angestrebter und bereits laufender Schulentwicklungsinitiative wird als eine „gymnasiale Antwort für benachteiligte Schülerinnen und Schüler“ verstanden, so der stellvertretende Schulleiter Thomas Schlenger.

Die Schule hat ein vielfältiges Schulleben. Schülerinnen und Schüler haben zum Beispiel eine Junior-SV für die Orientierungsstufe eingeführt, die im Schulgesetz nicht vorgesehen ist. Die Mädchen und Jungen, mit denen wir sprechen, betonen, wie stark das „Schule als Staat“-Projekt vor zwei Jahren ihre Arbeit und ihre Stellung in der Schule gestärkt habe. Es hat „zur verbesserten Akzeptanz unserer SV-Arbeit bei den Lehrkräften beigetragen“, resümiert Anne, „und unser Verhältnis zu ihnen wurde deutlich besser“. Die SV-Arbeit wird also als Autonomiegewinn gegenüber einer skeptischen Lehrerschaft gewertet und – aus Sicht der Schülerschaft – inzwischen auch bei der Schulleitung und den Lehrkräften als „kritische Instanz“ verstanden und akzeptiert. Aktuelle Projekte der SV sind unter anderem die Beteiligung an der Etablierung und der Revision des Schüler-Kiosk-Betriebs, die Ausgestaltung des Oberstufen-Raums, die Frage der „Toilettensauberkeit“ sowie Aktionen zum „Welt-Aids-Tag“.

Das Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz befindet sich inmitten einer dynamischen Entwicklung. Die Fachschaften begreifen sich als teilautonome Gestaltungseinheiten der Schule, die unabhängig von der Schulleitung initiativ werden können. Es zeigt sich so etwas wie eine „unternehmerische Kultur“ mit starken Teilverantwortlichkeiten und einer Entwicklungsplanung, die sich kommunikativ verankerter Ziele und Perspektiven verschreibt. „Vor zehn Jahren was alles auf EDV ausgerichtet – beeindruckend, aber einseitig. Das ist jetzt ganz anders geworden“, sagt der Vorsitzende des Schulfördervereins, Thomas Gönder – und er ist sichtbar stolz auf dies „Kurfürstliche“ Schule!

Die Schulpreisbewerbung in den Medien

“Wir können stolz sein”
„Schloss“ schafft es in Endrunde
Selbstbewusste Schüler beeindrucken Jury
Deutscher Schulpreis 2014: Schlossgymnasium Mainz unter den TOP 20 …
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Lesen Sie in diesem Zusammenhang auch eine Beschreibung der Weiterentwicklung unserer erzieherischen Leitgedanken im Geiste von Demokratie und Verantwortung, also jener Aspekte, die auch unser erfolgreiches Schulstaat-Projekt "Schlopolis" im Jahr 2011 und im Jahr 2015 prägten:


Erziehung zu Demokratie und Verantwortung